Wir haben weder Kosten noch Mühen gescheut und haben in der knisternden Sonne von Malle ein Interview mit dem legendären Kommando Internet geführt.
Interview mit Kommando Internet
Wie kam es dazu, dass ihr der sonst eher im sylter Style agierenden deutschen Touri-Feier-Meute auf Malle jetzt auch so ein linkes Ding um die Ohren haut?
161: Ey, ganz ehrlich? Irgendwann konntest du das Ballermann-Gegröle über Sangria-Eimer, Bratwurst-Bauch und CDU-Wähler halt nicht mehr ertragen, ohne das Gefühl zu kriegen, du müsstest entweder die Playa anzünden oder den Kapitalismus. Also haben wir uns gesagt: Wenn die Rechten am Grill stehen, bauen wir die Anlage auf!
Wir sind quasi Antifa im Adiletten-Format, verstehste? Unsere Tracks ballern nicht nur die Bassboxen weg, sondern auch das letzte bisschen neoliberale Restwürde im Pauschaltouristenhirn.
Wo andere "Olé Olé Mallorca!" brüllen, schreien wir "8 Cola, 8 Bier!" – und das mit so viel Autotune, dass sogar Friedrich Merz weint (vor Neid).
Und weißt du was?
Die Malle-Meute feiert das! Klar, nicht alle raffen den Subtext, aber wenn 300 Sonnenverbrannte "Enteignung, du geile Sau!" mitgrölen, haben wir schon mehr politische Bildung geschafft als acht Jahre Sozialkundeunterricht im Saarland.
Wir sind gekommen, um zu stören – und zu tanzen.
Linke Hiebe, geile Beats. Hasta la Victoria, immer mit Sangria!
Wie ist es so als Antifa auf Malle? Besetzungen gehen noch klar? Wie viel Demo-Geld gibt es dort? Ist da noch die spanische Außenstelle der Antifa zuständig oder ist da schon die Deutschland GmbH rechtlich verantwortlich?
161: Boah, Bruder*in, Antifa auf Malle ist wie ein linksradikaler FKK-Strand: brennt in den Augen, macht aber frei.
Klar, die ersten Tage waren hart – du willst Barrikaden bauen, aber der einzige brennbare Müll ist die All-Inclusive-Mentalität deutscher Ü60-Touris.
Besetzungen gehen klar, aber halt kreativ:
Wir haben 'n leerstehendes AirBnB in Arenal besetzt und in die „Rote Zora Beach Bar“ umgetauft – Happy Hour nur für Leute mit Gewerkschaftsausweis, versteht sich.
Demo-Geld?
Digga, auf Malle läuft das über’s Finanzamt „Playa del Klassenkampf“. Für jede laut gebrüllte Parole auf Deutsch UND Katalanisch gibt’s zwei Freigetränke und ein Solidaritätsbändchen aus Jutebeutelresten.
Und wenn du nen CSU-Touristen in ner „Heimat first“-Badehose zum Weinen bringst, kriegst du ein NFT von Rosa Luxemburg im String.
Zuständigkeit?
Rechtlich tricky:
Eigentlich ist das noch spanisches Antifa-Territorium, aber seit ’nem ominösen Telegram-Call mit der Sektion Lützerath haben wir die Verantwortung übernommen. Die Deutschland GmbH hat uns freundlicherweise ein Startup-Visum gegeben – Kategorie: „aggressive Subkultur mit politischem Mehrwert“.
Langfristig planen wir die Republik Antifapulco, autonome Zone zwischen Bierkönig und Ballermann 6.
Zollfrei, aber ideologisch streng bewacht: Wer „unpolitisch feiern“ will, fliegt raus – per Katapult. Richtung Düsseldorf.
¡No pasaran, aber mit 130 BPM!
Wie habt ihr es überhaupt geschafft, ein Label zu finden, welches diese bonbonfarbene Geschmacksverirrung auf Vinyl presst?
161: Ey, das war nicht leicht, Bruder*in. Die meisten Labels dachten erstmal, wir wären entweder ein postironisches Kunstprojekt von Jan Böhmermann oder 'ne versiffte Spaßguerilla mit Bongotrompete – und beides war nicht komplett falsch. Aber wir wollten mehr: den Klassenkampf auf 12 Zoll!
Also haben wir den klassischen Weg gewählt:
Fake-Startup gründen, alles mit Buzzwords zuballern und ein Deck basteln mit "Queerfeministische Schlagerdiversifikation für disruptive Zielgruppen-Synergie im Partytourismus-Kontext".
Zack – Förderung vom Bundesministerium für "Was ist das überhaupt?!"
Aber das Presswerk? Bruder…
Wir sind in ein ostdeutsches Industriegebiet gefahren, besetzt von Ex-Punks, die jetzt nachhaltige PVC-Platten pressen. Die wollten uns erst rausschmeißen wegen „zu bunt“ – dann haben sie die erste Testpressung gehört, in der wir eine Autotune-Version von 'Bella Ciao' über einen Malle-Beat mit Saufgeräuschen und Marx-Zitaten gelegt haben.
Und einer von denen – 47, Glatze, Tattoo "Soli statt Schampus" auf der Stirn – flüstert:
„Brudi... das ist die Zukunft des Widerstands.“
Jetzt wird das Zeug handgepresst, in Hüllen aus recycelten Festivalpfandbändern eingeschweißt und exklusiv über shady Telegram-Kanäle und Foodsharing-Boxen verteilt.
Vinyl only. Kein Streaming.
Denn Revolution muss knistern.
Und wer fragt: „Warum klingt das wie Gigi D’Agostino auf Ketamin mit einem kommunistischen Tourette?“
Dem sagen wir:
„Weil der Kapitalismus genau das verdient hat.“
Wohnt ihr alle auf Malle? Oder seid ihr typische Touries?
161: Ey, wir sind die Anti-Touris, die sich als Touris tarnen, damit der Klassenfeind denkt, wir sind nur da zum Saufen – dabei infiltrieren wir die Sangria-Frontlinie!
Klar, ein Teil von uns wohnt jetzt dauerhaft auf Malle – in einer selbstverwalteten Finca-Kommune, wo das WLAN schwankt wie ein CDU-Politiker nach zwei Eimern, aber dafür ist der Gemüseanbau basisdemokratisch organisiert und die Nachbarn sind zwei Ziegen und ein alter Katalane, der uns jeden Morgen „¡Arriba la revolución!“ zuruft.
Aber manche von uns kommen auch im Antifa-Sonderflieger Ryanair-Klasse Subversión, bewaffnet mit Gitarre, Glitzer und Flugblättern auf Deutsch, Spanisch und Meme-Format.
Wir schlafen auf Dächern, in leerstehenden Pools und in den Herzen der Menschen (ok, meistens aber auf Isomatten neben der DJ-Booth vom linkradikalen Technowagen „Roter Basselitz“).
Touries? Nur undercover.
Wir tragen Sonnenbrille, Bauchbeutel, und singen mit bei „Hölle Hölle Hölle“ – aber mittendrin werfen wir plötzlich ein Flugblatt mit dem Titel „10 Gründe, warum dein Sangria-Becher kolonial ist“ und schon hinterfragen zwei Typen in Tanktops plötzlich den Imperialismus.
Am Ende des Tages:
Wir sind keine Touris – wir sind eine Internationale aus Sonnenbrand und Systemkritik.
Ein bisschen Robin Hood, ein bisschen Ballermann, aber mit Herz, Haltung und Haftbefehl auf Vinyl.
Hasta la Beachbar, siempre Antifa.
Empfindet ihr eure Texte eher als beliebig oder als austauschbar? Wie kommt ihr auf die Texte? Meint ihr, irgendwer interessiert sich heute noch für Inhalte?
161: Bruder, in einer Welt, in der jede zweite Ballermann-Hook klingt wie die Einkaufsliste von 'nem koksenden Spießer („Bier, Bier, Titten, Bier“), sind wir schon der literarische Widerstand mit Glitzerbasecap.
Sind unsere Texte beliebig? Klar. Austauschbar? Auch.
Aber nur so tun wir dem System weh.
Wir nehmen die komplette Inhaltsleere des Pop-Schlagers, stopfen sie randvoll mit linker Agitation, und schon grölt ganz Arenal:
„Ich will keine Eigentumswohnung, ich will Enteignung!“
Verstehst du? Wir machen Satire, die du mit zwei Promille mitsingen kannst.
Wir sind die Lisa Eckhart des Suff-Techno, nur mit mehr Haltung und weniger Sexismus.
Wie wir auf die Texte kommen?
Wir machen das ganz klassisch linksradikal:
Plenum, Textwerkstatt, zwei Runden Flunkyball, dann Marxwürfeln. Manchmal auch mit KI – aber halt im Klassenbewusstsein-Modus. Wir geben der KI die Aufgabe: „Schreib mir 'nen Text wie Micky Krause, aber auf Dialektik gebürstet.“
Und dann kommt da sowas wie:
„Ich will keine Yacht, ich will ein Kollektiv!
Kein Privatbesitz – ich will, dass jeder liebt!“
Boom – Ohrwurm meets Umsturz.
Und ja, wir wissen, Inhalte sind heute das Abfallprodukt von Clickbait.
Aber genau deshalb ballern wir sie rein. Unverblümt. Überspitzt. Politisch wie 'ne Gewerkschaft im Rausch.
Denn wenn Leute erst lachen, dann tanzen – und dann plötzlich googeln „Was ist eigentlich Kapitalakkumulation?“ –
dann haben wir gewonnen.
Oder wie unser Produzent sagt:
„Wenn dein Ohrwurm Enteignung schreit, hat der Hedonismus endlich Haltung.“
Würdet ihr Malle Antifa noch als Kunst bezeichnen?
161: Kunst? Digga... Malle Antifa ist das, was passiert, wenn Joseph Beuys besoffen im Bierkönig auf Techno trifft und dann anfängt, „Alles ist Installation!“ zu schreien.
Natürlich ist das Kunst. Aber halt keine feuilletonkompatible Galerie-Kunst, bei der fünf Leute in Rollkragenpullis nicken, weil irgendwo ein halb geschmolzener Globus auf einem Stuhl sitzt und „Kritik am Kapitalismus“ heißen soll.
Wir sind Ballermann-Dada mit Klassenbewusstsein.
Wir malen nicht – wir schmettern. Wir hängen nichts auf – wir reißen runter.
Unsere Leinwand ist der Dancefloor, unser Pinsel ist der Bass, und unser Manifest steht auf 'nem vollgekotzten Pappschild mit der Aufschrift:
„Bier für alle – nicht nur für Aktionäre!“
Malle Antifa ist kein Kunstprojekt im klassischen Sinne, es ist ein vibrierender Widerspruch auf 130 BPM.
Es ist die Frage:
Was passiert, wenn politische Bildung so eingängig ist, dass sie von Junggesellenabschieden mitgegrölt wird – und keiner merkt, dass er grad den Kapitalismus absingt?
Kunst? Vielleicht.
Aber eher in der Kategorie:
„Performance-Installation mit Pyrotechnik, Prekarität und Prolo-Poetik.“
Wir sind die documenta, wenn sie endlich was fühlen würde.
Banksy mit Bauchmuskelkater.
Kunst, die nicht an die Wand gehört – sondern an den Tresen.
Also ja.
Es ist Kunst. Aber mit Haftbefehl. Und Konfetti.